29. September 2022 - Armin Stalder

Wenn eine eigene Meinung die Entlassung bedeutet

Auf seine eigene Art zu denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht auf seine eigene Art denkt, denkt überhaupt nicht. Oscar Wilde

Im Herbst 2021, auf dem Höhepunkt der öffentlichen Corona-Manie, verloren die beiden Zürcher Kantonspolizisten Renato Caranci und Benedikt Ambühl ihren Job. Fristlos. Sie zweifelten an der Verhältnismässigkeit der Corona-Politik (wir berichteten hier und Transition TV hier). So wie Caranci und Ambühl dürfte es noch einigen Polizisten mehr ergangen sein. Ambühl erklärte gegenüber Transition News, dass vom Kommandanten blinder Gehorsam eingefordert worden sei.

Die Entlassung wurde mit dem Vorwurf gerechtfertigt, dass Caranci und Ambühl Sympathisanten der Polizisten-Vereinigung «Wir für Euch» seien. Diese kritisierte die Corona-Massnahmen wiederholt, unter anderem mit juristischen Analysen. Caranci und Ambühl befinden sich heute mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber im juristischen Streit. Sie sind überzeugt, dass an ihnen ein Exempel statuiert werden soll. Denn laut Aussagen von Caranci und Ambühl betreibt der Kanton Zürich hohen Aufwand, um zu verhindern, dass sie Recht erhalten. So habe er auf Kosten des Steuerzahlers eine teure und prominente Anwaltskanzlei beauftragt, statt die Angelegenheit wie üblich intern zu regeln.

Einen wohl nicht unbedeutenden Einfluss auf die Entlassung der Polizisten hatte die Medienberichterstattung, denn die zeitliche Nähe zu verschiedenen personalrechtlichen Massnahmen ist augenfällig. Dazu gehörte ein diffamierender Artikel einer bekannten Online-Zeitung. Darin wurden Caranci und Ambühl mit «Wir für Euch» in Verbindung gebracht, deren Inhalte an «Verschwörungserzählungen» grenzen würden. Die beiden Ex-Polizisten bestritten die Nähe zu «Wir für Euch» nie.

Wenn dem so ist, so ist das eine bedenkliche Entwicklung: Kantonsbehörden knicken aufgrund von gesinnungsmoralistischen Medien, die jegliche kritische Distanz zur Regierung verloren haben, ein und verunglimpfen im Gleichschritt eines offiziellen Dogmas widerspenstige Angestellte auf Kosten des Steuerzahlers durch Beauftragung externer Rechtsvertreter. Und das nur weil sich Caranci und Ambühl einer eigenen Meinung bedienen. Dies entspricht eher einer maoistischen Pädagogik und ist eines Rechtsstaats unwürdig.

Doch es ist nicht nur diese absolute Gleichmacherei, die unerträglich erscheint. Es ist die verblendete Überzeugung derjenigen, die sie betreiben. Denn sie glauben ganz im Sinne einer aufgeladenen Gesinnungsmoral des Richtigen und Guten, dass diese auch berechtigt ist. Die beiden Autoren der Online-Zeitung zum Beispiel sehen in Kritikern der Corona-Politik gefährliche Staatsumstürzler, die es aus dem Verkehr zu ziehen gilt – wie die beiden Ex-Polizisten. Doch in der faktischen Diskriminierung breiter Bevölkerungsteile durch diverse Corona-Massnahmen oder in der Hetze gegen Ungeimpfte sahen sie nie irgendein Problem. Dennoch scheinen sie überzeugt zu sein, gegen das Schlechte auf der Welt anzuschreiben (wir berichteten).

Es ist die kognitive Dissonanz dieser Irrigkeit, von der vermeintlichen Gutheit des eigentlich Falschen so verführt zu werden, die so verblüfft. Man tut einfach so, als könnte man sich nicht irren. Leider verunmöglicht dies häufig eine konstruktive Diskussion. Vielleicht kennen Sie das auch: Es ist schmerzhaft, sich von «richtigen» Überzeugungen zu verabschieden – deswegen wehrt man sich dagegen, denn es steht nicht weniger als das eigene Weltbild und damit ein konstitutiver Teil der eigenen Identität auf dem Spiel. Es ist bequemer, in der Ignoranz zu verharren, als die Fehlerhaftigkeit seines Denkens einzusehen.

Das ist zwar menschlich und psychologisch nachvollziehbar, entspricht aber nicht einer aufgeklärten intellektuellen Redlichkeit. Schon gar nicht derjenigen von Journalisten, von denen die Öffentlichkeit erwartet, der Regierung kritisch auf die Finger zu schauen. Stattdessen machen sie genau das Gegenteil: der Regierung in treuer Willfährigkeit ergeben, verleumden sie deren Kritiker. So verwirken die beiden Autoren der Online-Zeitung ihre Raison d’Être gleich selbst.

Es ist davon auszugehen, dass die Anwaltskanzlei das Recht so auslegen wird, wie es den Wünschen seines Klienten, der Kantonsbehörde, entgegenkommt. Anders wäre es schwierig, die teuren Kosten zu rechtfertigen. So kann dann seitens des Kantons auch noch getrost behauptet werden, es sei eine unabhängige Fallbearbeitung gewesen. So lautet denn die Drohung der maoistischen Pädagogik der kantonalen Exempelstatuierung: Wer eine andere Meinung als die Obrigkeit hat, wird geschasst.

Herzliche Grüsse

Armin Stalder

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