27. September 2022 - Konstantin Demeter

«Freunde Putins» regieren in Italien

Man solle nicht die «Freunde Putins» wählen, sagte Enrico Letta, ehemaliger Ministerpräsident Italiens, und meinte damit die Mitte-Rechts-Koalition. Letta hatte an den gestrigen Wahlen mit dem Partito Democratico kandidiert. Über diese Koalition nehme seiner Ansicht nach der russische Präsident an den Wahlen teil. – Die italienischen Wähler entschieden sich anders und sprachen sich für die «Freunde Putins» aus.

Mit rund 27 Prozent der Stimmen erreichte die Partei Fratelli d’Italia einen behaglichen Vorsprung von etwa 8 Prozent auf die zweitplatzierte Partito Democratico. Obwohl Matteo Salvinis Lega Nord – eine der anderen beiden Parteien der Mitte-Rechts-Koalition, zusammen mit Silvio Berlusconis Forza d’Italia – im Vergleich zu den letzten Wahlen verloren hat, wird die Koalition voraussichtlich eine Mehrheit in beiden Kammern erreichen.

Die Ursache für die Niederlage der linken Parteien und ihren Verbündeten ist insbesondere bei deren bedingungsloser Unterstützung der Covid-Massnahmen sowie der Sanktionen gegen Russland zu suchen. Sie haben vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen arg zugesetzt und Proteste in ganz Italien ausgelöst. Ausschlaggebend waren vermutlich auch die vielen Menschen, die den Wahlen ferngeblieben sind – vielleicht aus Politikverdrossenheit. Die Wahlbeteiligung war mit etwa 64 Prozent die niedrigste in der Geschichte des Landes.

Aufmerksame Italiener halten die Opposition der rechten Parteien allerdings für eine Scheinopposition. So macht Alfredo Tocchi auf Il Giornale d’Italia zum Beispiel darauf aufmerksam, dass Giorgia Meloni, Parteivorsitzende von Fratelli d’Italia und voraussichtliche zukünftige Ministerpräsidentin, dem Aspen Institute angehört. Er erläutert:

«Wer immer noch glaubt, dass die Opposition, die Giorgia Meloni in den letzten zweieinhalb Jahren ausgeübt hat, eine echte Opposition war, hat keine Ahnung. Er weiss nicht, dass das WEF in Davos und das Aspen Institute zwei Seiten derselben Medaille sind. Welche Veränderungen können wir also erwarten? Keine!»

Auf die Einmischung der USA in die italienische Politik hatte ich schon in einem früheren Newsletter hingewiesen. Dass der internationale politische und mediale Mainstream das Resultat in der drittgrössten Volkswirtschaft der EU jedoch vordergründig nicht begrüsst, zeigt dessen Reaktion. Laut der BBC alarmiert es «einen Grossteil Europas». Und der Sprecher der deutschen Grünen im EU-Parlament, Rasmus Andresen, erklärte, dass Italien auf «eine antidemokratische und antieuropäische Regierung» zusteuere.

Ursula von der Leyen machte hingegen schon im Vorfeld klar, dass man über «Instrumente» verfüge, falls «sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln». Als Beispiel nannte sie Ungarn und Polen, mit denen Brüssel seit Jahren über angebliche Verstösse gegen die Rechtsstaatlichkeit streitet. In Italien wird von der Leyen wegen ihrer Aussage Einmischung vorgeworfen. Salvini forderte gar den Rücktritt von der Leyens.

Fratelli d’Italia ist laut ihrem Programm gegen die Covid-Impfpflicht und das Impfzertifikat – befürwortet jedoch «Information, Förderung und Empfehlung der Impfung». Allerdings wird Meloni vorgeworfen, mit ihrer Kritik an der Covid-Impfplicht nur die Gunst der Wähler gewinnen zu wollen; denn sie löschte Twitter-Posts aus dem Jahr 2018, in denen sie eine solche Pflicht für andere Krankheiten befürwortet hatte. Auch unterstützte sie zunächst den «Green Pass».

Was die EU anbelangt, zeigt sich die Partei kritisch. Bei den Sanktionen gegen Russland ist sie sich mit der Lega Nord uneinig: Salvini sprach sich dagegen aus, worauf Meloni erwiderte: «Wir werden nicht das schwache Glied gegenüber Moskau sein.»

So hat Meloni in den letzten Monaten argumentiert, dass Italien mit der EU zusammenarbeiten und somit das Sanktionssystem unterstützen müsse. Damit wendet sie sich gegen die Wähler ihrer eigenen Partei, die laut einer Umfrage gegen die Sanktionen sind, mehr noch als die Wähler der Lega. Bezeichnend diesbezüglich: Der Streit um die Sanktionen war bereits für den Fall der letzten Regierung massgeblich mitverantwortlich.

Melonis Position ist insbesondere bemerkenswert, als sie jahrelang die von der EU und damit auch von Italien verhängten Sanktionen gegen Russland kritisiert hatte. Im Oktober 2014 forderte sie in der Abgeordnetenkammer, Italien solle «seine Unterstützung für die Sanktionen gegen Russland unverzüglich zurückziehen», die sie als «nutzlos und masochistisch» bezeichnete, da sie «den italienischen Markt massakrieren».

Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat Meloni ihre Haltung gegenüber Russland jedoch geändert. Sie hat dessen Vorgehen als «inakzeptabel» bezeichnet und der Regierung von Mario Draghi die «maximale Zusammenarbeit» der Fratelli d’Italia zugesichert. Zudem hat sie die Unterstützung der Partei für die internationale Gemeinschaft und die NATO bekräftigt.

Wir dürfen gespannt sein, ob sich die «Opposition» wirklich als solche erweist – oder ob sich das Ganze als Show für gutgläubige Bürger herausstellt, während im Hintergrund weiterhin die Immergleichen die Fäden ziehen.

Herzlich

Konstantin Demeter

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