07. Juli 2022 - Rafael Lutz

Es weht ein rauer Wind

Vergangene Woche machte ich darauf aufmerksam, dass unser Medienportal jüngst vereinzelt unter Beschuss geraten ist. Vorwurf: Wir äusserten Kritik an den «falschen» Leuten. Stein des Anstosses war ein kritischer Artikel über die Spitze der «Freunde der Verfassung» (siehe hier). Letzte Woche nahm die Thematik nochmals Fahrt auf.

Seit der Verhaftung von Michael Ballweg, dem Gründer von Querdenken 711, geht es innerhalb der Bewegung verständlicherweise hitzig zu und her (auch bei uns, siehe hier). Umso wichtiger ist es, in der Causa Ballweg so gut es geht die Wogen zu glätten und das Ganze so nüchtern wie möglich zu betrachten.

Bisher wissen wir nur sehr wenig über die Hintergründe des Verfahrens. Bekannt sind die Tatvorwürfe: Die Ermittler werfen Ballweg Geldwäscherei und Betrug vor. Die Behörden ordneten eine Untersuchungshaft an. Dies mit der Begründung, dass bei Ballweg Fluchtgefahr bestünde.

Sie bezichtigen den Aktivisten, Gelder (die Rede ist von sechsstelligen Summen) zweckentfremdet zu haben. Bei aller Kritik an Ballweg dürfen hier die Proportionen nicht aus den Augen verloren gehen. Angenommen, Ballweg hätte sich schuldig gemacht. Auch dann kann man sagen: Verglichen zu dem, was der Staat in den letzten zwei Jahren vollbracht hat, ist das eigentlich Peanuts. Es war die Regierung, die unzählige Bürger ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt und in die Armut getrieben hat.

Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft hinterlässt sicherlich einen schlechten Nachgeschmack. Es ist gut möglich, dass die Absichten der Behörden rein politisch motiviert sind, um ein Exempel an einem bekannten Kopf der massnahmenkritischen Szene zu statuieren. Ein Argument, dass viele Ballweg-Anhänger vorbringen. Vielleicht haben sie recht – wir werden sehen. Ohne an dieser Stelle missverstanden werden zu wollen: Selbstverständlich gilt meine Solidarität zunächst einmal politischen Gefangenen, in den jetzigen Zeiten sowieso.

Trotzdem muss ich gestehen: Der gegenwärtigen Ballweg-Verehrung, die bei Teilen der Bewegung zu beobachten ist, stehe ich sehr kritisch gegenüber. Denn klar ist auch: Ballweg hat mehrere grosse Fehler gemacht, die der Bewegung enorm geschadet haben. Man denke nur an das Treffen mit Peter Fitzek, dem selbsternannten «König von Deutschland», am 15. November 2020.

Damit hat Ballweg die führenden Köpfe der Demokratiebewegung quasi dem Verfassungsschutz preisgegeben. Mehrere ehemalige Teilnehmer berichteten später (siehe hier), dass Ballweg sie zuvor nicht einmal informiert habe, auf wen sie sich da einlassen würden. Aus Rücksicht gegenüber der Bewegung schwiegen viele Teilnehmer lange darüber – im Nachhinein hat dieses Schweigen vermutlich mehr geschadet als genützt. Kritik von den eigenen Leuten spielte die Führung von Querdenken 711 immer herunter. Eine offene Diskussionskultur sieht anders aus. Begründung: So werde die Bewegung gespalten.

Genau das werfen uns auch immer wieder Leser vor. Jetzt gelte es zusammenzuhalten und nicht noch weiter zu spalten, schrieben uns einige Leser. Klar, im ersten Moment habe ich ein gewisses Verständnis für dieses Argument. Trotzdem ist es schwach. Argumentierte nicht auch die Regierung wiederholt genau gleich, wenn sie uns Kritikern vorwarf, die Gesellschaft zu spalten und die Demokratie zu gefährden?

Als Medienportal ist es unsere Aufgabe, die unterschiedlichsten Positionen abzubilden – dazu gehört auch, die verschiedenen Standpunkte innerhalb der Bürgerrechtsbewegungen zu vermitteln. Ich bin überzeugt: Wenn wir etwas gelernt haben in den letzten zwei Jahren, dann das: Wir brauchen mehr Meinungsvielfalt statt -Einfalt. Und das auch innerhalb der eigenen Reihen.

Herzlich

Rafael Lutz

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