12. April 2022 - Rafael Lutz

Die Instrumentalisierung einer menschlichen Tragödie

Die Geschwindigkeit, mit der Medien zu ihren Schlüssen kommen, macht mich immer wieder sprachlos. Ob Corona, Ukraine-Krieg oder die Entführung von Christoph Berger, dem Chef der Schweizer Impfkommission: Ständig scheint den Medien von Anfang an klar zu sein, was Sache ist und wer die «Bösen» sind.

Dies auch dann, wenn die Faktenlage noch so undurchsichtig und dünn ist. Exemplarisch zeigt sich das am Beispiel «Fall Wallisellen», einem Ereignis, das in menschlicher Hinsicht eine Tragödie ist.

Was wir bisher wissen: Am 31. März soll ein 38-jähriger Deutscher Berger für mindestens eine Stunde entführt und festgehalten haben. Wenige Tage später, am 6. April, versuchten Mitglieder der Spezialeinheit Diamant den Entführer in der Nähe seiner Wohnung festzunehmen. Die Sache ging schief und der 38-Jährige sei zusammen mit seiner mutmasslichen Freundin bei einem Schusswechsel ums Leben gekommen.

Gestern Sonntag äusserte sich Berger erstmals öffentlich gegenüber dem Blick zur Angelegenheit. «Der mir bis dahin unbekannte Täter hatte mich eine gute Stunde in seiner Gewalt», teilte er Blick in einem Schreiben mit, dass die Zeitung von einer Kommunikations-Agentur erhalten haben soll.

Und weiter: «Er hat mich in dieser Zeit mit der Forderung eines substanziellen Geldbetrags konfrontiert. Diese Forderung hat er mit Drohungen verknüpft, was passieren könnte, wenn ich der Forderung nicht innert der von ihm genannten Frist nachkäme.» Berger habe dem Entführer daraufhin die Erfüllung seiner Forderung zugesichert und sei freigelassen worden.

«Ich habe mich danach sofort mit der Kantonspolizei in Verbindung gesetzt, die mich und meine verängstigte Familie seither sehr gut betreut.» Berger betonte zudem, dass seinem Empfinden nach «einzig wirtschaftliche Interessen» im Vordergrund gestanden seien. Bezüge zu seiner Rolle als Impfchef habe der Entführer nicht gemacht.

Entgegen den Aussagen von Berger steht für die grossen Medien aber fest: Der 38-jährige Entführer hat sich Christoph Berger aufgrund seiner Rolle als Chef der Impfkommission ausgesucht. Er sei coronakritisch gewesen und sein Geschäftspartner ein Anhänger der «Flat Earth Bewegung», der zum Beispiel die Demo in Liestal im Frühling 2021 besucht habe.

Grund genug für die Mainstream-Presse, sich der Kontaktschuld-Rhetorik zu bedienen und die Massnahmenkritiker unter Generalverdacht zu stellen. Genau vor solchen Entwicklungen warnten wir von Corona-Transition schon 2021 – so zuletzt auch mein Kollege Christian S. Rodriguez wieder.

Die NZZ fordert in einem Kommentar nun, dass der Schweizer Nachrichtendienst die massnahmenkritische Szene schärfer beobachtet. Ähnlich tönt es beim Tages-Anzeiger. «Die radikalen Impfgegner haben Gewalt gesät», schreibt Chefredaktor Arthur Rutishauser. In der Tat: Scharfmacher gibt es natürlich auf beiden Seiten.

Doch gerade die grossen Zeitungen täten gut daran, die Vorverurteilungen der Bürgerrechtsbewegung sein zu lassen. Und das Aufstellen von sinnlosen Forderungen, die das angespannte politische Klima hierzulande noch weiter strapazieren, sind komplett fehl am Platz. Mehr Nüchternheit und Zurückhaltung sind nun gefragt. Noch mehr Öl ins Feuer giessen bringt nichts.

Herzlich,

Rafael Lutz

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