«Kaum ein Land hat sich in den letzten zwei Jahren der Befehlskette von oben verweigert und auf nationale Souveränität gepocht. Mit dem Pandemieknopf kann man nun weltweit die Demokratie auf Stand-by schalten», schrieb Milosz Matuschek neulich in der Weltwoche.
Genau das scheint der Weg zu sein, der eingeschlagen werden soll. Der Schweizer Gesundheitsminister und Bundesrat Alain Berset (SP) nahm heute erneut Stellung zum anvisierten «Pandemie-Pakt» der WHO. Seine Haltung dazu? Eine super Sache. Doch dazu gleich mehr.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die WHO ihre bisherige Macht künftig noch ausbauen möchte. Am 1. Dezember 2021 beschloss die UN-Generalversammlung, den Prozess zur Entwicklung eines «historischen globalen Abkommens» zur Pandemie-Prävention zu starten.
Der Beschluss sieht ein zwischenstaatliches Verhandlungsgremium (INB) vor. Dieses soll sich um die «Ausarbeitung und Aushandlung eines Übereinkommens, einer Vereinbarung oder eines anderen internationalen Instruments im Rahmen der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation» kümmern. In diesem Zusammenhang ist auch vom «Pandemie-Pakt» die Rede.
Eine führende Rolle in dem Gremium spielen die USA. Sie waren es auch, welche die Gesundheitsrichtlinien (IHR) erst kürzlich ändern wollten. Damit beabsichtigte die Biden-Regierung, der WHO noch mehr Macht zu gewähren. Ziel war es, künftig in beliebigen Ländern den Gesundheitsnotstand ausrufen und Massnahmen einleiten zu können – auch gegen den Widerstand der Staaten.
Gesundheitsminister Alain Berset befürwortete die Änderungen der Gesundheitsrichtlinien, die glücklicherweise für den Moment gescheitert sind (wir berichteten). Auch den «Pandemie-Pakt» braucht es in den Augen Bersets. Dies rief SVP-Hardliner und Nationalrat Andreas Glarner auf den Plan. Glarner wollte vom Bundesrat wissen, woher dieser «die Kompetenz» nehme, den Pandemie-Pakt zu unterstützen?
In Rahmen der Fragestunde antwortete Berset heute: «Die aktuelle Krise hat gezeigt, dass es für die Schweiz von Interesse ist, auf verbindliche internationale Instrumente zählen zu können. Die Schweiz wird daher auch an den laufenden Verhandlungen teilnehmen und ihre Interessen einbringen.»
Hat sich der Bundesrat in den letzten zwei Jahren daran gestört, dass ihm von einer internationalen Organisation wie der WHO zu wenig klare Anweisungen erteilt worden sind? Dieser Eindruck dürfte beim einen oder anderen Leser wohl entstehen, wenn von verbindlichen internationalen Instrumenten die Rede ist.
Der Bundesrat weist in seiner Antwort zwar darauf hin, dass der Inhalt des Abkommens noch nicht bekannt ist und die Verhandlungen noch Zeit in Anspruch nehmen werden: Ob die Schweiz also letztlich dem Resultat zustimmen werde, sei noch nicht sicher.
Gleichzeitig irritiert die Haltung, welche der Bundesrat gegenüber der WHO einnimmt. Eine Organisation, die gemäss Berset demokratisch organisiert ist. Der Bundesrat sieht kaum eine Gefahr im «Pandemie-Pakt». Denn schliesslich seien «alle Mitgliedstaaten der WHO» Teil des «Verhandlungsgremiums» (INB), das neue Instrumente zur Pandemievorsorge erarbeiten wolle.
Die Ansicht Bersets ist natürlich naiv. Selbstverständlich entscheiden die Staaten nicht autonom, wohin sich die WHO bewegt. In dieser Angelegenheit dürften ihre mächtigen privaten Geldgeber wie zum Beispiel die Bill & Melinda Gates Foundation oder GAVI (Global Alliance for Vaccine an Immunisation) neben den Grossmächten USA und China ein Wörtchen mitreden. Das Reich der Mitte sitzt derzeit im Exekutivrat der WHO.
«Das Beste für die Welt wäre die Zerschlagung der WHO in ihrer jetzigen Form», schreibt Matuschek. Bestrebungen in dieser Richtung sind bereits im Gang. Die Jugendbewegung Mass-Voll! anvisiert eine Volksinitiative (wir berichteten). Ziel: Austritt der Schweiz aus der WHO. Ob dies legalistisch und politisch machbar ist, ist unklar. Aber zumindest ist es ein Schritt in die richtige Richtung.
Herzlich
Rafael Lutz
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