23. Dezember 2021 - Ole Skambraks

33 Menschen gefangen im Paradies

Liebe Mitmenschen, im April dieses Jahres haben wir der Stadt adieu gesagt. Es fing an, wirklich unangenehm zu werden. Weit und breit nur Maskierte, Polizeipatroullien im Park, und im Kindergarten begann die endlose Testerei (unser vierjähriger Sohn war einer von zwei Kindern, die nicht mitgemacht haben).

Wir waren mächtig froh in einer Gemeinschaft auf dem Land gelandet zu sein, die sich selbst mit Gemüse, Milch, Käse und Brot versorgt, eine Sauna hat, eine Bar und in der es viele Angebote für geistige Nahrung, Körperarbeit und gemeinsames Wachstum gibt. Kurzum: ein Paradies in Pandemiezeiten.

Eine Umfrage unter internationalen Gemeinschaften aus dem letzten Jahr zeigt genau dieses Bild: Menschen, die in einer Gemeinschaft leben, sind geistig, emotional und sogar gesundheitlich besser «durch die Pandemie» gekommen, als Menschen in herkömmlichen Wohnsituationen.

Hier einige Zitate:

«Wir versammelten uns viel öfter als früher, assen gemeinsam, bauten mehr Lebensmittel als je zuvor an, verarbeiteten Kräutermedizin, verteilten Lebensmittel, Medizin und Vorräte an unsere Nachbarn... Für mich fühlt es sich in vielerlei Hinsicht viel mehr wie das ‹Dorfleben› an, nach dem wir uns sehnen und von dem uns der Druck unserer derzeitigen Systeme so oft wegzieht.»
- Morgan H. Curtis, Canticle Farm, CA, USA

«Wir haben 33 Menschen im Paradies gefangen, davon 9 Freiwillige aus vielen Ländern. Wir genießen es ungemein... »
- Tom Charles Osher, Chambalabamba, Loja, Ecuador

«Wir sind alle gesund und sind uns einig, dass wir das Glück haben, in einer wunderschönen Umgebung mit viel Grün und einer Menge sinnvoller Arbeit und Beschäftigung zu leben, die uns glücklich und engagiert macht.»
- Elisabeth Phethean, Beannachar Camphill Gemeinschaft, Aberdeenshire, Schottland

Dies steht in krassem Gegensatz zu dem, was viele von uns in den letzten anderthalb Jahren erlebt haben. Doch macht die zunehmende gesellschaftliche Spaltung leider auch nicht komplett Halt vor Gemeinschaftstoren. Die 3G-, 2G-, 2G plus-Regeln führen in vielen Gemeinschaften zu Verwerfungen: wer darf noch zu Workshops, Seminaren und auf Besuch? Macht man mit bei der sozialen Ausgrenzung oder begibt man sich in eine legale Grauzone?

Ich erlebe gerade, dass unsere Gruppe, die gemeinsam eine lebenswerte Alternative des Miteinaders aufbauen wollte, nicht mehr zusammen findet. Menschen, die sich auskennen mit Schattenarbeit und transformativen Prozessen können sich plötzlich nicht mehr verstehen. Die Bedürfnisse zwischen Gesundheitsschutz, Strafvermeidung, Inklusion und zivilem Ungehorsam scheinen unvereinbar. Immerhin sind bei uns die verschiedenen «Lager» noch im Austausch miteinander, was auf das Gros der Gesellschaft nicht mehr zutrifft.

Divide et impera – teile und herrsche: die Strategie ist so alt wie die Menschheit selbst. Wir raufen uns die Haare und merken nicht, dass sich unsere Welt in vielerlei Dingen gerade massiv verändert. Wenn wir wieder aufschauen werden wir staunen und vielleicht erschrecken. Der dystopische Überwachungsstaat nimmt schon sehr konkrete Züge an.

Dabei haben wir gerade alle Trümpfe in der Hand, um einen tatsächlichen Systemwechsel zu beschreiten – in Verbundenheit, Achtsamkeit und Respekt für alle Lebewesen. Wir stehen sprichwörtlich an einem Scheideweg und haben die Wahl. Nur müssen wir uns unserer Möglichkeiten erst einmal bewusst werden. Sehr gut eigenen sich dazu die «Montagsdemonstrationen», über die mein Kollege Lars Ebert gerade geschrieben hat.

Herzlich,

Ole Skambraks

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